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Die wichtigsten Änderungen im neuen Doppelbesteuerungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Bulgarien

Dr. Maya Neidenowa
Rechtsanwältin
Ginka Tabanska
RechtsanwältinEnde Januar 2010 wurde das neue Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Abweichung von der Einkommens- und Vermögensbesteuerung zwischen Bulgarien und der Bundesrepublik Deutschland (DBA) unterzeichnet. Eine Ratifizierung des Abkommens durch die Parlamente beider Staaten steht noch bevor, damit das Abkommen in Kraft treten kann. Somit sollten die folgenden Kommentierungen als solche der derzeitigen Abkommensentwürfe betrachtet werden.
Das neue Abkommen wird das bisher geltende Abkommen, das seit 1987 angewandt wird, ersetzen. Die Notwendigkeit zur Aktualisierung der Regelungen der Steuerverhältnisse des DBA ist einer der Gründe für den Abschluss des neuen Abkommens. Dieses stützt sich auf die Prinzipien des OECD- Musterabkommens und seiner Kommentierungen. In dem Protokoll zum Abkommen wird ausdrücklich festgelegt, dass dieses die Geltung der Rechtsakte der EU nicht berührt; das bedeutet, das Recht der EU auf dem Gebiet der Steuern gilt vorrangig vor den Bestimmungen des Abkommens.
In dem Protokoll zum Abkommen ist die Regel festgeschrieben, dass wenn eine Person, die keine natürliche Person ist, sowohl in Bulgarien als auch in Deutschland als ansässig betrachtet wird, für die Bestimmung des Ansässigkeitsstaates nach den Bestimmungen des Art. 4 Absatz 1 als Kriterium der sog. Ort der tatsächlichen Verwaltung gelten soll. Das wird der Ort sein, an dem die Person oder Personengruppe mit der höchsten Position im Unternehmen die Entscheidungen treffen, der Ort, von dem aus als Ganzes die Maßnahmen bestimmt werden, die von diesem Unternehmen getroffen werden sollen.
In Art. 5 des Abkommens sind, wie bisher, die Regeln für das Vorliegen einer Betriebsstätte enthalten. Die bisher anwendbare 12-monatige Frist, die von Bedeutung für die Begründung einer Betriebsstätte in den Fällen der Bau- und Montagedienstleistungen relevant war, wird auf neun Monate reduziert. Die Aufsichts- und Projektierungsdienstleistungen werden nicht den Baudienstleistungen gleichgestellt. Gemäß dem Protokoll zum Abkommen werden Zahlungen, die für technische Dienstleistungen erhalten werden, einschließlich für Forschungen und Untersuchungen wissenschaftlichen, geologischen oder technischen Charakters oder für Ingenieurverträge, einschließlich damit verbundener, ausführlicher Zeichnungen, oder für Beratungs – oder Aufsichtstätigkeiten, als Zahlungen betrachtet, für die die Bestimmungen des Art. 7 des DBA angewandt werden. D.h. damit bestimmt werden kann, wo die Einkünfte aus einer solchen Tätigkeit besteuert werden müssen, muss für jeden einzelnen Fall zunächst geprüft werden, ob nicht die Tätigkeit eine Betriebsstätte in dem anderen Staat begründet hat.
In Übereinstimmung mit dem OECD-Musterabkommen wird die Tätigkeit eines abhängigen Vertreters, der bevollmächtigt ist, in dem einen Staat Verträge im Namen des Unternehmens abzuschließen, das eine ansässige Person in dem anderen Staat ist, ebenfalls als eine Betriebsstätte für das ausländische Unternehmen betrachtet. Voraussetzung hierfür ist, dass der Vertreter diese Tätigkeit gewöhnlich, also vorrangig ausübt. Das sind zum Beispiel die Fälle bei der Ausübung der Tätigkeit eines Handelsvertreters mit einem Vertrag mit einer in dem anderen Staat ansässigen Person, wenn der Handelsvertreter im Namen der ausländischen Person/ Kaufmann handelt.
Es wird das Prinzip angenommen, dass wenn eine örtliche/ inländische Gesellschaft von der Muttergesellschaft in dem anderen Staat kontrolliert wird, das für sich allein nicht zur Begründung einer Betriebsstätte führt.
In dem neuen Abkommen ist die Ausübung professioneller Dienstleistungen, egal welcher Art, der Wirtschaftstätigkeit gleichgestellt. Die Einkünfte der Personen aus freiberuflicher Tätigkeit werden nach Inkrafttreten dieses Abkommens nach dem Verfahren des Art. 7 /Einkünfte aus wirtschaftlicher Tätigkeit/ unter Berücksichtigung der Voraussetzungen des Art. 5 besteuert.
Zum ersten Mal wird in Art. 9 das Recht der Vertragsstaaten geregelt, die Gewinne der sog. „verbundenen Unternehmen“ zu korrigieren. Das wird möglich, wenn in den Rechtsgeschäften zwischen den verbundenen Unternehmen Bedingungen vereinbart sind, die sich von den Marktbedingungen unterscheiden, die zwischen zwei unabhängigen Unternehmen vereinbart worden wären.
Der bisher geltende Steuersatz von 15 % für die Dividendenbesteuerung, gezahlt von der inländischen Person eines Staates an eine in den anderen Staat ansässige Person ist um 5 % reduziert worden, jedoch nur in den Fällen, in denen der Erwerber der Einkünfte mindestens mit 10 % direkt an dem Vermögen der inländischen Person beteiligt ist. Wenn der Erwerber der Dividenden eine juristische Person ist, so gilt die EU-Richtlinie 90/435 und 2003/123, die die Einkünfte aus Dividenden von der Besteuerung befreit, die von Tochtergesellschaften an Muttergesellschaften ausgezahlt werden.
Zinseinkünfte, die bisher an der Quelle nicht steuerbar waren, werden jetzt mit 5 % Quellensteuer besteuert, ausgenommen sind die Zinsen aus Bankkrediten und einigen Darlehen, die durch die Regierungen beider Staaten garantiert werden.
Wie bisher werden weiterhin mit fünfprozentiger Quellensteuer die Autorenund Lizenzvergütungen besteuert. Ab 2015 wird jedoch diese Steuer für Vergütungen aus Vermietung, Leasing und anderen ähnlichen Verträgen zur Nutzungsüberlassung von Industrie-, Handels- oder wissenschaftlichen Einrichtungen entfallen.
Von Bedeutung sind auch die Änderungen in Bezug auf die Besteuerung der Einkünfte aus Arbeitsverträgen. Bisher war das Recht zur Besteuerung der Einkommen dem Staat vorbehalten, in dem der Arbeitnehmer örtlich ansässig ist, nur beim kumulativen Vorliegen der drei negativen Voraussetzungen: (1) die Person muss sich weniger als 183 Tage im Rahmen eines Kalenderjahres in dem anderen Staat aufhalten, (2) die Vergütung wird von dem Arbeitgeber oder für Rechnung des Arbeitgebers bezahlt, der nicht in dem anderen Staat ansässig ist, und (3) die Vergütung ist nicht für Rechnung der Betriebsstätte, die der Arbeitgeber in dem anderen Staat unterhält. Diese Kriterien werden auch in der Zukunft angewandt, jedoch wird der 183-tägige Aufenthalt nicht nur im Rahmen des jeweiligen Kalenderjahres berechnet, sondern im Rahmen jeder 12-monatigen Periode, die in dem entsprechenden Jahr beginnt oder endet.
Bei Abweichung von der obigen Regel wird bei entgeltlicher Arbeitnehmerüberlassung die Steuer sofort ab dem ersten Tag der Arbeit in dem anderen Staat geschuldet. Soweit die Person, die Personal überlässt, als Arbeitgeber im Sinne des § 1, Punkt 27 der Zusatzbestimmungen des bulgarischen Einkommensteuergesetzes auftritt, entsteht für diese die Pflicht zum Einzug und Abführung der Lohnsteuer in Bulgarien.
In Entsprechung mit der erhöhten Arbeitnehmerfreizügigkeit und -bewegung zwischen den beiden Staaten während der letzten Jahre kommt es auch häufiger zur Auszahlung von Renten und ähnlichen Einkünften von dem einen Staat an eine in dem anderen Staat ansässige Person. Deshalb regeln die neuen Bestimmungen in Art. 17 des DBA eingehend die Regelung der Besteuerung dieser Einkünfte.
Das neue Abkommen enthält auch einen Mechanismus zur Mitwirkung bei der Steuereinziehung in dem anderen Staat. Es ist die Auferlegung von Sicherungsmaßnahmen mit dem Ziel der Eintreibung der geschuldeten fremden Steuer vorgesehen (Art. 26 DBA).
Das Abkommen enthält zudem spezielle Verfahrensbestimmungen zur Quellenbesteuerung (Art. 27). Danach haben die Staaten das Recht, die entsprechenden Steuern in dem Umfang einzuziehen, der in ihrer nationalen Gesetzgebung vorgesehen ist. Die so einbehaltene Quellensteuer wird auf Antrag des Steuerzahlers erstattet, wenn diese nach den Regeln des DBA reduziert oder nicht geschuldet wird. Die Ablauffrist zur Antragsstellung ist das Ende des vierten Jahres, das auf das Kalenderjahr folgt, in dem die Quellensteuer eingezogen wurde.
Unabhängig von diesen Bestimmungen muss jeder Vertragsstaat Verfahren vorsehen, mit denen die Zahlung von Einkünften, die gemäß des Abkommens nicht steuerbar sind oder mit einem niedrigeren Steuersatz im Quellenstaat besteuert werden, ausgeführt werden kann, ohne dass die Steuer eingezogen wird oder nur der niedrigere Steuersatz eingezogen wird. Ein solches Verfahren ist derzeit vorgesehen in Art. 202 des bulgarischen KörperschaftsteuerG, entsprechend in Art. 65 EinkommensteuerG in Verbindung mit Art. 135 – 142 SteuerverfahrensG.