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Aktuelle Rechtsprobleme bei der Projektierung, Aufbau und Anschluss von Objekten zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen und Ankauf grüner Energie

Dr. Maya Neidenowa
Rechtsanwältin
Ginka Tabanska
RechtsanwältinEnde des Monats Juni 2010 hat das Wirtschaftsministerium das Projekt zur Energiestrategie der Republik Bulgarien bis 2012 zur öffentlichen Diskussion gestellt. Für den Bereich der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen bezieht sich das Dokument auf die Richtlinie 2009/28 zur Förderung der Energie aus erneuerbaren Energiequellen, die zu Bedingung stellt, den Stromverbrauch solchen Stroms in der EU bis 2020 bis auf 20% des Gesamtsverbrauchs zu erhöhen.
Bis Ende Juni dieses Jahres sollte auch der Nationale Maßnahmenplan in dem Bereich der erneuerbaren Energien fertig gestellt sein, jedoch wurde die Erstellung verzögert. Teil der neuen Energiestrategie der Regierung ist auch die Verabschiedung eines neuen Gesetzes über die Erneuerbaren Energiequellen, dessen Entwurf immer noch nicht öffentlich zugänglich ist. Es wird erwartet, dass in naher Zukunft die normativen Änderungen erstellt und verabschiedet werden, die die Kernfragen für diese Branche lösen sollen: die Bedingungen und Fristen für den Anschluss der Erzeuger grüner Energie an das Stromnetz, die Verfügungsmöglichkeit der Kraftwerke über fruchtbare Grundstücke und solchen in ökologischen Schutzzonen und die Fixierung der Preise des hergestellten Stroms aus erneuerbaren Energiequellen. Es wird auch erwartet, dass die Verwaltungsdienstleistungen bei der Realisierung ähnlicher Projekte verbessert werden.
Zur Verabschiedung im bulgarischen Parlament wurde das Gesetz über Änderungen und Ergänzungen des Gesetzes über den Schutz landwirtschaftlicher Flächen eingereicht, mit welchem Maßnahmen vorgeschlagen werden, die einerseits eine Selektion der seriösen Investoren in der Branche aus der Mehrzahl von Investitionsanträgen mit spekulativem Charakter zur Folge hätten und andererseits die Berücksichtigung der Anforderungen der Umweltgesetzgebung in dem Verfahren über die Änderung des Bestimmungszwecks der landwirtschaftlichen Böden mit.
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass das Standardverfahren zur Änderung des Bestimmungszwecks der Grundstücke nur für die Grundstücke von der 5. bis zur 10. Kategorie angewandt werden soll. In den Fällen, in denen Grundstücke der 1. bis zur 4. Kategorie nicht bewässert werden, wird eine Änderung der Bestimmung auch zulässig sein. Unabhängig von diesen Voraussetzungen wird der Aufbau von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen für alle Grundstückskategorien nur zulässig sein, wenn diese in den Gebieten fallen, die mit speziellen Karten zum Nationalen Plan für den Strom aus erneuerbaren Energiequellen festgelegt worden sind. Diese Karten werden die Schutzzonen nach Natura 2000 berücksichtigen, möglicherweise wird hiermit auch die Vermeidung einer Konzentration ähnlicher Objekte in denselben Gebieten beabsichtigt, was zu Problemen des Anschlusses grüner Stromkraftwerke an das Stromnetz führen würde. Eine weitere Anforderung nur für die Fälle der Änderung des Bestimmungszwecks der Grundstücke für den Aufbau oder Erweiterung von Stromerzeuger aus erneuerbaren Energiequellen ist das Vorliegen einer positiven Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums. Weder aus dem Gesetzesentwurf noch aus seiner Begründung wird jedoch klar, wie das Verfahren der Erteilung einer solchen Stellungnahme aussehen soll und auf was sich diese Stellungnahme beziehen soll.
Ferner wird verlangt, dass neben der Änderung des Bestimmungszwecks der Grundstücke auch eine Änderung des Bestimmungszwecks der jeweiligen Straßen zu erfolgen hat, wenn der Zugang zu den Stromerzeugungsanlagen nur über Landwirtschaftswege verwirklicht werden kann und Tätigkeiten vorgesehen werden, die mit einer Nutzung großer Transportmaschinen verbunden sind, was das Verfahren verteuern würde.
Es wird vorgeschlagen, dass die Entscheidung über die Änderung des Bestimmungszwecks des Grundstückes seine Rechtswirkung verliert, wenn nicht innerhalb der vorgesehenen Frist die entsprechende Gebühr nicht bezahlt wurde sowie in den Fällen in denen innerhalb von 2 Jahren des Inkrafttretens dieser Entscheidung kein Antrag auf eine Baugenehmigung gestellt worden ist, oder wenn innerhalb einer dreijährigen Frist ab dieser Entscheidung mit dem Bauvorhaben nicht begonnen wurde.
Da mit der Änderung des Bestimmungszwecks des Grund und Bodens mit dem Ziel eines Bauvorhabens dieser sich in ein urbanisiertes Territorium verwandelt, werden die Eigentümer auch nicht mehr die bisherige Befreiung von der Grundsteuer genießen. Die Entscheidungen über die Änderungen des Bestimmungszwecks werden im Amtswege an die entsprechende Gemeindeverwaltung geschickt, die die geschuldete Grundsteuer eintreibt.
Gemäß den Übergangsvorschriften des Gesetzentwurfes werden die derzeit nicht abgeschlossenen Verfahren zur Bestätigung einer Baulinie zur Projektierung oder zur Änderung des Bestimmungszwecks des Grundstückes nach dem alten Gesetz abgewickelt. Als nicht abgeschlossen werden die Verfahren betrachtet, bei denen der Vorgang in dem Registerindex in dem Ministerium für Landwirtschaft und Ernährung und/oder in der entsprechenden Gemeindedirektion „Landwirtschaft“ bis zum Datum des Inkrafttretens des Gesetzes eingetragen worden sind.
Die Energiestrategie des Landes sieht zwei Mechanismen zur Verbesserung des Anschlussverfahrens der Stromerzeuger aus erneuerbaren Energiequellen an das Stromnetz:
- Einführung der Vorlage einer Bankgarantie seitens des Investors, die in Anspruch genommen wird bei einer Beantragung jedoch Nichtausbau der entsprechenden Kapazität, was wieder zur einer Selektion der Investoren führen würde
- und Erhöhung der Sanktionen der Netzbetreibergesellschaften bei Nichterfüllung ihrer Verpflichtung die Stromerzeuger an das Netz anzuschließen.
Nach dem jetzt geltendem Gesetz über Erneuerbare Energien und alternative Energiequellen und Biokraftstoffe schließen die Netzbetreibergesellschaften vorrangig jeden Stromerzeuger erneuerbarer Energiequellen, der den besonderen Bedingungen für den Netzanschluss entspricht, festgelegt in der Ordnung Nr. 6 vom 09.06.2004 zum Netzanschluss solcher Erzeuger. Obwohl nach Artikel 13, Absatz 7 des o.g. Gesetzes die Frist für den Netzanschluss nicht länger sein darf als die beantragte Frist des Stromerzeugers für die Inbetriebnahme der Stromerzeugungsanlage, sieht es in der Praxis so aus, dass der Anschluss verzögert wird, unabhängig vom Vorliegen eines geschlossenen Netzanschlussvertrages. Der Grund liegt in einem noch nicht aufgebauten Gesamtstromnetz. Den Aufbau einer solchen Netzinfrastruktur verlangt Investitionen seitens der Netzbetreiberunternehmen. Zugleich beträgt das Bußgeld für die Nichterfüllung der Verpflichtung, Stromerzeiger an das Stromnetz innerhalb der Frist anzuschließen 30.000,00 Leva.
Der Ausbau eines nationalen öffentlichen Informationssystems für Erneuerbare Energien steht noch bevor, das aktuelle Informationen über die Möglichkeiten der Nutzung verschiedener erneuerbarer Energietechnologien nach den geografischen Gebieten übermitteln soll und Auskunft über die Möglichkeiten des nationalen Stromnetzes über den Anschluss neuer Erzeuger geben soll. Es wird auch die Bildung eines einheitlichen koordinierenden Verwaltungsorgans diskutiert, das für die Bearbeitung aller Verwaltungsunterlagen (Genehmigungen, Lizenzen), die mit dem Aufbau und Nutzung von Kraftwerktechnologien aus erneuerbaren Energiequellen verbunden sind, verantwortlich sein soll.
Von wesentlicher Bedeutung für die künftigen Investitionen auf diesem Gebiet ist auch die Festlegung der Preise für den hergestellten Ökostrom. Derzeit wird jährlich ein Präferenzpreis für den hergestellten Strom aus erneuerbaren Energiequellen festgelegt, für den es Ursprungszertifikate gibt. Der Preis wird festgelegt als 80% des mittleren Verkaufspreises an die Endverbraucher des letzten Jahres zuzüglich eines Aufschlags, der je nach den Energiequellen (Wind, Sonne, Wasser usw.) verschieden ausfällt. Da dieser Aufschlag von unterschiedlichen Faktoren abhängt, einschließlich der Höhe der Jahresinflation, ist dadurch langfristig die Verunsicherung der Erzeuger vorprogrammiert und eine Finanzierung solcher Projekte seitens der Banken wird behindert. Es wird von dem neuen Gesetz über die Erneuerbaren Energien erwartet, dass neue Regeln eingeführt werden, die eine bessere Vorhersehbarkeit des Investitionsrückflusses garantieren.
Auf der anderen Seite sieht der Entwurf der Energieregulierungskommission über „Regeln für den Handel mit elektrischen Strom“ in seinem Teil XI die Teilnahme der Erzeuger von elektrischem Strom aus erneuerbaren Energiequellen an den sog. balancierenden Markt vor. Die Regeln legen den Erzeugern die Verpflichtung auf, jährlich, monatlich, wöchentlich, täglich und stündlich, Ergebnisprognosen über den erzeugten Strom an dem elektroenergetischen Systemoperator zu senden. Eine Nichtentsprechung zwischen den tatsächlich hergestellten Kapazitäten und den prognostizierten Ergebnissen wird unter bestimmten Bedingungen zu Sanktionen und Verlusten bei den Stromerzeugern führen.
In 2011 wird erwartet, dass in Bulgarien die sogenannte Strombörse eingeführt wird. Im Teil IV des Entwurfs über die Regeln über Handel mit elektrischen Strom werden die allgemeinen Bedingungen und Prinzipien der Regelung eines organisierten Marktes „einen Tag voraus“ seitens des elektroenergetischen Systemoperators festgelegt. Die Vorteile einer Strombörse liegen in dem einheitlichen Marktpreis und der Möglichkeit, mit der Teilnahme an dem balancierenden Markt eventuelle Fehler in den Prognosen zu korrigieren.