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Wegfall der Beschränkungen beim Erwerb von reguliertem Grund und Boden durch EU-Staatsangehörige in Bulgarien ab 01.01.2012

Dr. Maya Neidenowa
Rechtsanwältin
Ginka Tabanska
RechtsanwältinAb 01.01.2012 dürfen EU-Staatsangehörige endlich in Bulgarien uneingeschränkt regulierte Grundstücke erwerben. Der EU-Beitrittsvertrag der Republik Bulgarien hatte hierzu in der Anlage VI, Teil 3, eine fünfjährige Übergangsfrist vorgesehen. Diese Einschränkung betraf auch juristische Personen, die nach den Gesetzen eines anderen EU-Mitgliedstaates oder des Europäischen Wirtschaftsraumes gegründet wurden. Konnten während dieser Übergangszeit Grundstücke für Bauvorhaben nur von EU-Bürgern erworben werden, die sich dauerhaft in Bulgarien aufgehalten haben, ist nunmehr der Aufenthaltsort als Kriterium rechtlich irrelevant (siehe auch den Newsletter- Beitrag zum Thema, Ausgabe 3., Januar 2007).
Weiterhin bestehen bleibt jedoch das Verbot zum Erwerb von landwirtschaftlichen Grund und Boden, Forst und Forstgrundstücken durch EUBürger und EWR-Bürger, die sich nicht dauerhaft im Land aufhalten sowie für juristische Personen, gegründet nach dem Recht der Mitgliedstaaten der EU und EWR. Sollten die Übergangsvorschriften zum Beitrittsvertrag Bulgariens nicht früher neu verhandelt werden, werden diese letzten Einschränkungen am 01.01.2014 wegfallen.
In den letzten Jahren wurden einige Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Eigentumserwerb von Grund und Boden durch Ausländer (EU-Bürger und Bürger von Drittstaaten) von Rechtsanwälten, Notaren und Gerichten unterschiedlich ausgelegt. So wurde in der Rechtsprechung angenommen, dass ein Rechtsgeschäft über den Erwerb des Grund und Bodens und dem darauf erbauten Gebäude durch Eheleute, von denen einer ein Ausländer war, für beide Eheleute in dem Teil der Übertragung des Grund und Bodens nichtig ist1. Von dieser Praxis ist das Oberste Kassationsgericht später abgekommen und es wurde die Rechtsauffassung vertreten, dass in Bezug auf das Eigentumsrecht auf den Grund und Boden keine Gütergemeinschaft entsteht, sondern der bulgarische Staatsangehörige dieses Recht individuell erwirbt2.
Das Eigentumserwerbsverbot durch Ausländer wurde in der Praxis auch in den Fällen überwunden, in denen diese ein konkretes Objekt in einem Gebäude – Etageneigentum –zusammen mit den dazu gehörigen ideellen Anteilen am Grundstück, auf dem das Gebäude erbaut worden ist, erwerben. In diesem Fall gehen die Gerichte davon aus, dass die ideellen Anteile den Statut von Miteigentum gemäß der Regel des Art. 38 des Eigentumsgesetzes haben, weshalb der Verkauf des ideellen Anteils akzessorisch ist und dem Eigentum der Wohnung folgt3. Eine solche Lösung wurde auch in den Fällen angenommen, in denen auf ein Grundstück mehrere Gebäude mit verschiedenen Eigentümern erbaut wurden, ohne dass sie ein Etageneigentum bilden.
Außerhalb dieser Sonderfälle galt jedoch, dass bei einem Abschluss eines Vorvertrages und endgültigen Kaufvertrages eines regulierten Grundstückes durch EU-Staatsangehörige in Verletzung des gesetzlichen Verbots des Erwerbs von Grund und Boden, dieser Vertrag nichtig ist.
Sollten die Ausländer das Grundstück jedoch 10 Jahre in Besitz gehabt haben, würden sie dieses nach dem 01.01.2012 aufgrund der Verjährung nach Art. 79 Eigentumsgesetz erwerben. Um einen Eigentumsnachweis zu erhalten, müsste der EU-Bürger in diesem Fall einen Antrag auf Ausstellung eines notariellen Feststellungsakts stellen.
Ab 01.01.2012 können auch die Handelsgesellschaften, die nach dem Recht eines EU-Mitgliedstaates gegründet worden sind, regulierte Grundstücke in Bulgarien erwerben. Wenn sie eine Wirtschaftstätigkeit mittels dieses Grundstückes ausüben, würde dies wahrscheinlich eine Betriebsstätte in Sinne der Steuergesetzgebung begründen. Das hätte zur Folge, dass die Einkünfte der Betriebsstätte nach dem Verfahren der bulgarischen Körperschaftsteuergesetzgebung versteuert werden müssten. Wenn die Einkünfte aus Miete oder eine anderen Verfügung mit dem unbeweglichen Vermögen nicht über eine Betriebsstätte realisiert werden, so unterliegen sie einer Quellenbesteuerung gemäß Art. 195 in Verbindung mit Art. 12, Abs. 8 Körperschaftsteuergesetz. Es muss dabei berücksichtigt werden, dass die meisten DBA keine Möglichkeit zur Befreiung von einer solchen Quellensteuer vorsehen.
Mit der neuen Rechtslage entsteht die praktische Frage, was mit allen von den EU-Bürgern und juristischen Personen der EU gegründeten bulgarischen Gesellschaften mit beschränkter Haftung geschieht, die zwecks Erwerb von Grund und Boden zur Umgehung des bis dato bestehenden Grunderwerbsverbotes gegründet wurden.
Dies hängt im Einzelfall davon ab, ob das Grundstück der Gesellschaft für eine Wirtschaftstätigkeit oder nur für persönliche Zwecke des Gesellschafters genutzt worden ist oder genutzt werden soll.
Wird das Grundstück nur für persönliche Zwecke genutzt und die Gesellschaft keine weitere Wirtschaftstätigkeit ausüben oder ausgeübt haben, ist es eine Frage der Kostenabwägung, inwieweit eine Übertragung des Grundstückes an den Gesellschafter- EU-Staatsangehöriger -wirtschaftlicher ist als eine Weiterführung der Gesellschaftstätigkeit, die mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand wie Buchhaltung, ggf. Sozialversicherungsabgaben für Geschäftsführer etc., verbunden ist.
Bei einer Auflösung der Gesellschaft müsste das Übertragungsgeschäft nach den üblichen Marktpreisen abgewickelt werden, Notargebühren und Grunderwerbssteuern müssten gezahlt werden. Zusätzlich entstünden die Kosten für Rechtsberatung und Gebühren im Zusammenhang mit der Liquidation der Gesellschaft.
1 Entscheidung des Obersten Kassationsgerichtes Nr.31/08 v.11.02.2007, Nr.789/2007
2 Entscheidungen des Obersten Kassationsgerichtes Nr.523/10 v. 14.07.2011 Nr.3114/2008; Nr.791/10 v.20.07.2011 Nr. 1347/2009
3 Entscheidung des Obersten Kassationsgerichtes Nr. 349 v. 25.05.2009 Nr.298/2008