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Arbeitsrecht in der Corona – Krise

Die Einführung von Kurzarbeit, die in Deutschland seit Beginn des letzten Jahrhunderts
bekannt ist, wurde erstmalig in Bulgarien im Zusammenhang mit der Corona-Krise als
staatliche Hilfsmaßnahme eingeführt in einer Form, die wegen ihrer Unbekanntheit nicht alle
Arbeitgeber zur Umsetzung überzeugte und zu der grundsätzlichen Fragestellung, inwieweit
diese Maßnahme, die in Bulgarien als sog Maßnahme 60/40 bekannt ist, als
Kriseninstrument effektiv war und ist. Die Maßnahme 60/40 bedeutet, dass 60% des
versicherungspflichtigen Grundgehalts vom Staat erstattet für einen gewissen Zeitraum
erstattet wird, wobei 40% des sozialversicherungspflichten Grundgehalts weiterhin vom
Arbeitgeber gezahlt werden muss. Die Geltung der Regeln für die Auszahlung von
Kurzarbeitgeld für die Dauer des sog. epidemischen Ausnahmezustands wurde zunächst bis
zum 30. September 2020 verlängert. Nach den letzten gesetzlichen Änderungen soll die
Kompensation an die Arbeitgeber ab dem 01. Juli 2020 für maximal sechs Monate
ausbezahlt werden dürfen, das bedeutet also bis Ende des Jahres 2020. Zur Erinnerung- in
Deutschland werden 60 bis 80% des sozialversicherungspflichtigen Bruttogehalts vom Staat
erstattet und zwar bis zum Ende des Jahres 2021, wobei der Arbeitgeber sich nicht
zusätzlich an die Kurzarbeitsgehälter finanziell beteiligt, der Arbeitnehmer hat entsprechend
eine reduzierte Arbeitszeit oder arbeitet gar nicht. Da der Arbeitgeber nach Art 138a Abs.2
bulg. Arbeitsgesetzbuch für die gesamte Dauer der Epidemie auch eine reduzierte
Arbeitszeit anordnen kann, haben viele Arbeitgeber eher von dieser Alternative Gebrauch
gemacht, anstatt Kurzarbeitergeld zu beantragen und damit 40% an den Arbeitskosten
beteiligt zu werden und das bei einem erhöhtem administrativen Arbeitsaufwand. Die
Anforderungen für die Erstattung von 60 % der Grundgehälter nach der „Maßnahme 60/40“
für die Arbeitgeber sind derzeit folgende:

Es muss ein Einnahmerückgang von nicht weniger als 20 % im Vergleich zum
vorangegangenen Monat, für den Antrag zur Auszahlung der Mittel gestellt wird;
nachgewiesen werden.

Der Arbeitgeber darf ferner keine offenen Steuer- und Sozialversicherungsverbindlichkeiten
haben oder keine Maßnahmen zur Entfristung oder Besicherung der Schulden
vorgenommen haben; er darf sich auch nicht in einem Insolvenzverfahren oder in einem
Liquidationsverfahren befinden. Er muss sich zusätzlich verpflichten, für den Zeitraum, für
den die Mittel ausbezahlt werden, keine Arbeitsverträge zu beenden. Weitere besondere
Ausnahmebestimmungen gelten für die Hotel- und Gaststättenbranche.

Die Reduzierung der Einnahmen muss dokumentarisch nachgewiesen werden, zusätzlich
muss eine Liste der Arbeitnehmer, für die der Antrag gestellt wird, vorgelegt werden sowie
eine Kopie der Steuererklärung von 2019 und die Beschlüsse des Arbeitgebers für die
Einführung der Kurzarbeit im Betrieb. Der monatlich immer neu zu stellende Antrag wird vom
Arbeitsamt innerhalb von zehn Tagen geprüft. Die Antragsformulare sowie die beantragten
und genehmigten Anträge werden unter der folgenden Webseite der Arbeitsagentur:
https://www.az.government.bg/ veröffentlicht.

Eine weitere Herausforderung für die Arbeitgeber während der Covid-19 – Epidemie ist deren
Verpflichtung, die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz zu
gewährleisten. Im Rahmen der Covid -19- Gesetzgebung wurde durch Verordnungen des
Ministeriums für Gesundheit vorgesehen, dass Arbeitnehmer mit starken Erkältungs-und
Atembeschwerdesymptomen nicht zum Arbeitsplatz zugelassen werden dürfen. Auf der
anderen Seite könnten die entsprechenden Maßnahmen zur Erfüllung dieser Vorschriften
(durch Temperaturmessung, PCR Test) in Konflikt mit den Datenschutzgesetzen geraten.
Die Kommission zum Schutz der persönlichen Daten zu diesen Fragen vertritt die
Auffassung, dass Arbeitgeber selbst keine PCR-Tests durchführen, sondern nur solche
organisieren dürfen. Auch dürfen die Arbeitgeber keine persönlichen Daten erheben in
Bezug auf die Gesundheit, einschließlich des genetischen Materials, das z.B. in den PCR
-Tests enthalten ist.

Kurz: die Arbeitgeber sind nicht verpflichtet, ihre Arbeitnehmer auf Covid -19 zu testen. Sie
haben die rechtliche Möglichkeit, solche Tests zu organisieren, jedoch nicht selbst
auszuführen. In diesem Zusammenhang wird nach einer datenschutzrechtlichen Abwägung
auch die Maßnahme als zulässig betrachtet, dass mit Beschluss eine Gruppentestung im
Unternehmen zur Feststellung von Covid -19- Ansteckungen angeordnet werden kann.
Davon ausgeschlossen sind Mitarbeiter, die im Home Office arbeiten. Die Datenschutzkommission stellte ferner fest, dass der Arbeitgeber dem Arbeitskollektiv Informationen über
einen infizierten Mitarbeiter übermitteln darf, ohne jedoch Daten zu seiner Identifizierung
mitzuteilen. Erst wenn ein solcher eindeutig als infiziert festgestellt wird, sei es Aufgabe der
Gesundheitsämter seine Kontaktpersonen zu ermitteln.

Ein weiteres arbeitsrechtliches Thema, dass im Zusammenhang mit der Covid- 19- Krise an
Aktualität gewann, ist das Arbeiten aus dem Home Office. 10 % der Firmen arbeiten im
Homeoffice-Modus (so capital.bg v. 2.10.2020). Derzeit wird arbeitsrechtlich die Arbeit von
Zuhause nach der Vorschrift Art. 107z Arbeitsgesetzbuch als sog. „Arbeit aus der
Entfernung“ qualifiziert, entsprechend die Arbeitsverträge nach dieser Vorschrift
geschlossen. Dennoch ist das Arbeiten von zu Hause noch nicht ausreichend gesetzlich
reglementiert. Insbesondere gelten dafür die gleichen Arbeitsschutzbestimmungen und die
gleichen Arbeitszeitbestimmungen, wie sie am Arbeitsplatz am Sitz des Unternehmens
gelten. So ist z.B. die Frage ungeklärt, wann ein Unfall zu Hause als ein Arbeitsunfall
versicherungsrechtlich betrachtet werden kann.