Publikationen

Arbeitnehmerentsendung von Bulgarien in die Bundesrepublik Deutschland im Rahmen von Werkverträgen

Dr. Maya Neidenowa

Dr. Maya Neidenowa

Rechtsanwältin

Ralitza Mahony

Diplomjuristin

Die Bundesrepublik Deutschland schränkt weiterhin den Zugang bulgarischer Arbeitnehmer zum deutschen Arbeitsmarkt ein, was in letzter Zeit die rechtlichen Probleme der in die Bundesrepublik eingereisten bulgarischen Arbeitnehmer aus verschiedenen Gründen erhöht hat. Die Einschränkung ist nach dem EU-Beitrittsvertrag Bulgariens rechtlich zulässig. Gemäß Art. 1 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 5 der Anlage VI zum Vertrag über den Beitritt Bulgariens in die EU sind die bisherigen Mitgliedstaaten berechtigt, Maßnahmen zur Regulierung des Zugangs bulgarischer Staatsangehöriger zu ihren Arbeitsmärkten bis zum Ablauf eines siebenjährigen Zeitraums ab dem Beitrittsdatum vorzunehmen, falls diese zuvor (jeweils nach Ablauf von zwei und nach dem Ablauf von drei weiteren Jahren nach dem Beitrittsdatum, sog. 2+3+2-Modell) wegen wesentlicher Schwierigkeiten für ihre Arbeitsmärkte die EU-Kommission über die Fortgeltung dieser Maßnahmen benachrichtigt haben. Bis zum Ende dieses Jahres wird die Bundesregierung darüber entscheiden, ob die Übergangsregelung für bulgarische Arbeitnehmer bis zum 31.12.2013 Anwendung finden soll.

Aus diesem Grund werden derzeit hinsichtlich des Zugangs bulgarischer Werkvertragsarbeitnehmer zum deutschen Arbeitsmarkt die Bestimmungen der Regierungsvereinbarung zwischen der Republik Bulgarien und der Bundesrepublik Deutschland über die Entsendung und Beschäftigung von Arbeitnehmern bulgarischer Unternehmen auf der Grundlage von Werkverträgen sowie einige innerstaatliche Regelungen der deutschen Gesetzgebung im Zusammenhang mit der Förderung der Stabilität des Arbeitsmarktes (§ 284 des Sozialgesetzbuches III in Verbindung mit § 1 des Gesetzes über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern/ Freizügigkeitsgesetz EU) weiterhin angewandt. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, dass unter „Dienstleistungsverträge“ in der bulgarischen Sprachfassung der Regierungsvereinbarung solche im Sinne der §§ 631 ff. BGB zu verstehen sind, es geht somit um Werkverträge. Somit werden spätestens nach Ablauf des Jahres 2013 die bulgarischen Arbeitnehmer volle Freizügigkeit in der EU genießen können.

Gegenstand der Regelung dieser bilateralen Regierungsvereinbarung ist die Entsendung von Arbeitnehmern bulgarischer Bauunternehmen (ausgenommen sind Gesellschaften bürgerlichen Rechts, Konsortien und andere Vereinigungen von Kaufleuten, welche ausschließlich die Erbringung von Serviceleistungen für die Gesellschafter in der Vereinigung zum Gegenstand haben, sowie Zweigniederlassungen ausländischer Personen) zwecks Erfüllung von Bauverträgen oder einzelner Bau-, Montage- und Fertigstellungsarbeiten mit deutschen Auftraggebern in der Bundesrepublik Deutschland. Die Regierungsvereinbarung wird in Zeitabschnitten mit Dauer ab dem 1. Oktober bis zum 30. September des Folgejahres erfüllt, für welche das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Obergrenzen der insgesamt zulässigen Zahl bulgarischer Arbeitnehmer zum deutschen Arbeitsmarkt für den betreffenden Zeitraum aufgrund der monatlich ausgestellten EUArbeitserlaubnisse bestimmt. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Regierungsvereinbarung im Jahr 1991 hat das jährlich zulässige Kontingent bulgarischer Arbeitnehmer 2000 Bewerber mit einer Erhöhungsmöglichkeit bis zu 4000 Bewerber in den ersten 3 Jahren der Geltung der Regierungsvereinbarung und bei Anpassung an den Bedingungen des Arbeitsmarktes in der Bundesrepublik Deutschland in den nachfolgenden Jahren betragen. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt sind laut aktueller Information von der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung Stuttgart (das ist das zur Einhaltung der Regierungsvereinbarung mit Bulgarien zuständige Amt) die zugelassenen Kontingente bulgarischer Arbeitnehmer weder ausgeschöpft noch unzureichend gewesen und die neuen Kontingente für den Zeitraum Oktober 2011 – September 2012 werden am 1.10.2011 bekannt gegeben und in Kraft treten.

Unabhängig von den verfügbaren Kontingenten müssen sowohl der deutsche Auftraggeber als auch das bulgarische Unternehmen bei Abschluss eines Werkvertrages die von dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bestimmten Obergrenzen für die Aufnahme ausländischer entsandter Arbeitnehmer in die deutsche Firma–Auftraggeber berücksichtigen. Diese sog. Quoten betragen bis zu 15 Werkarbeitnehmer in einem aufnehmenden deutschen Unternehmen mit bis zu 50 Arbeitnehmern (wobei die entsandten Personen nicht mehr sein dürfen als die aufgrund eines Arbeitsverhältnisses in der deutschen Firma beschäftigten Arbeitnehmer) und 30% aber nicht mehr als 300 entsandte Personen in deutschen Firmen mit über 50 Arbeitnehmern. Damit aber festgestellt wird, ob es sich um einen Vertrag handelt, welcher zu dem durch die Quotierung geschützten Baubereich in Deutschland zählt, müssen die sog. Positiv- und Negativliste beachtet werden, welche entsprechend den in § 1 und § 2 der deutschen Verordnung über die Betriebe des Baugewerbes, in denen die ganzjährige Beschäftigung zu fördern ist (Baubetriebe-Verordnung), aufgezählten zu fördernden Tätigkeiten erstellt sind. Die Negativliste enthält eine Aufzählung der Bautätigkeiten im engen Sinne, welche quotierungspflichtig sind (z.B. Betonarbeiten, Stahlbetonarbeiten, Armierungsarbeiten, Fassadenbauarbeiten, Fliesen-, Platten- und Mosaik-Ansetz- und Verlegearbeiten, Maurerarbeiten, Verlegen von Bodenbelägen, Betriebe, die Gerüste aufstellen etc.).

Unabhängig von den verfügbaren Quoten und Kontingenten wird in den Bezirken mit besonders hoher Arbeitslosigkeit in der Bundesrepublik Deutschland – mindestens 30% über dem Bundesdurchschnitt (als solche mit Geltung bis zum Ende des Monats September 2011 sind z.B. Cottbus, Dresden, Leipzig, Bremen, Hannover, Bochum, Dortmund, Köln, Duisburg, Essen, Berlin u.a. bestimmt) die Entsendung von Arbeitnehmern aus Bulgarien für die Erfüllung von Werkverträgen nicht zugelassen.

Das Verfahren zur Genehmigung der maximalen Quote für ein Unternehmen von dem für Bulgarien zugelassenen Kontingent innerhalb des jeweiligen Zeitraums wird zusammen mit der Anmeldung des ersten abgeschlossenen Werksvertrages mit dem deutschem Auftraggeber in der bulgarischen Beschäftigungsagentur eingeleitet. Es ist zu beachten, dass innerhalb dieser Phase zahlreiche Unterlagen, welche zum Nachweis der Umstände über die personelle, technische und materielle Ausrüstung (Auskünfte über die mit Arbeitsverträgen eingestellten Personen, insbesondere Führungspersonal, über die Zahl der versicherten Personen etc.), über die Einhaltung der Steuer- und Versicherungsgesetzgebung (Unbedenklichkeitsbescheinigung), über die Berufserfahrung von mindestens 6 Monaten in dem Bereich, insbesondere Eintragung in dem Zentralen Berufsregister des Unternehmers in Bulgarien, dienen, vorgelegt werden müssen.

Zudem wird bei der Anmeldung nachfolgender Werkverträge auch die Bescheinigung über die erfolgte Eintragung des bulgarischen Bauunternehmers in einer der 53 Handwerkskammer in Deutschland vorgelegt.

Während die Anmeldung im Bauregister in Bulgarien obligatorisch für die Ausführung aller Arten von Bauvorhaben der 1. bis zur 5. Baukategorie oder einzelnen Bau- und Montagearbeiten nach Art. 137 Abs. 1 des Gesetzes über die Raumordnung ist, ist die Eintragung in der Handwerkskammer in der Bundesrepublik Deutschland lediglich für bestimmte Bauarbeiten, darunter Mauererarbeiten, Betonarbeiten, Gerüstbau, Malerarbeiten, Wärme- und Schalabdichtung, Elektrotechnik u.a. für die bulgarischen Auftragnehmer nach Werkverträgen in Deutschland zwingend. In den meisten Fällen wird für die quotierungspflichtigen Arbeiten auch die Anmeldungspflicht in die jeweilige Handwerkskammer gegeben sein. Bei der Eintragung bulgarischer Bauunternehmen wird ein vereinfachtes Verfahren nach der Verordnung über die für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der EU oder eines anderen Vertragsstaates des EWR oder der Schweiz geltenden Voraussetzungen für die Ausübung eines zulassungspflichtigen Gewerbes (EU/ EWR-Handwerk- Verordnung) angewandt, das heißt, dass der Abschluss einer Ausbildung und das Bestehen einer Prüfung, wie das grundsätzlich für die Eintragung in dem Gesetz zur Ordnung des Handwerks (Handwerksordnung) vorgesehen ist, nicht erforderlich sind.

Damit die Arbeit in der Bundesrepublik Deutschland aufgenommen wird, muss für die Arbeitnehmer des bulgarischen Unternehmens–Auftragnehmer nach einem Werkvertrag – ein Antrag auf Ausstellung einer Arbeitserlaubnis-EU, welcher von dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer unterzeichnet wird, bei der Zentralen Arbeits- und Fachvermittlung Stuttgart gestellt werden. Für die Ausstellung der Genehmigungen bezahlt der Arbeitgeber (die Gebühren sind für Rechnung der entsendenden bulgarischen Partei, wobei das Unternehmen unter keinen Umständen die Rückerstattung der Gebühren von den Arbeitnehmern verlangen kann) eine Grundgebühr (in Höhe von 200,00 Euro) bei Vorlage eines neuen Werkvertrages sowie eine Laufzeitgebühr (in Höhe von 75,00 Euro) pro Arbeitnehmer für jeden angefangenen Monat seiner Beschäftigung in Deutschland. Bei der Beantragung der Arbeitserlaubnisse wird zusammen mit dem Werkvertrag und den Anlagen dazu auch die Genehmigungsbestätigung über die von der bulgarischen Beschäftigungsagentur genehmigten Kontingente vorgelegt.

Für ihre Tätigkeit aufgrund eines Werkvertrages in der Bundesrepublik Deutschland werden die bulgarischen Unternehmen grundsätzlich einkommenssteuer-, gewerbesteuer-, und umsatzsteuerpflichtig sein, soweit das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Bulgarien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen oder andere Gesetze keine Ausnahmen vorsehen. Das zur Informationserteilung zuständige Finanzamt im Zusammenhang mit der Besteuerung bulgarischer Personen ist das Finanzamt Neuwied. Der Arbeitgeber wird von der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen für die von ihm in die Bundesrepublik Deutschland entsandten Arbeitnehmer befreit sein, soweit das zuständige Finanzamt in Bulgarien Bescheinigungen A1 über die Fortgeltung des bulgarischen Versicherungsrechts nach EG-Verordnung Nr. 883/2004 über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit ausgestellt hat.